Ein Beitrag von Clara Kaiser, 28.November 2023
Es ist noch früh am Morgen. Ich wache erschrocken auf, denn hinter dem friedlichen Schlaf hat sich aus dem Unterbewusstsein etwas hervorgedrängt, während ich für eine Weile unachtsam war. Es schwelte seit Wochen im Hintergrund meines Bewusstseins und hat sich nun in einem Moment des kleinsten Widerstands einen Weg gebahnt. Nun ist Es wieder da. Es sitzt mir im Nacken. Tagsüber versuche ich es zu ignorieren. Mich abzulenken. Es zu verdrängen. Das Geld geht zur Neige. Mal wieder. Denn mal wieder geht ein Job zu Ende und nichts neues ist in Sichtweite. Das wars erstmal mit Schlafen. Das Gedankenkarussell in meinem Kopf nimmt Fahrt auf:
Das wird schon.
Da kommt schon irgendwas.
Kams immer.
Ich kümmer´ mich drum.
Ich kann das.
Ich habe studiert.
Warum schaffen das alle anderen?
Warum haben alle Nachbarn so dicke Autos?
Jeder scheint ein Auto zu haben.
Warum ich nicht?
Nach 10 Jahren in meinem gelernten Beruf?
Was mache ich falsch?
Ich bin gut in meinem Job und trotzdem ist mein Konto immer am Limit.
Ist es das, was KünstlerIn sein bedeutet? Immer zu kämpfen? Für den Traum alles aufzugeben? Bzw. es erst gar nicht zu bekommen. Wie lange kann man das durchhalten?
Die meisten geben irgendwann auf. Spätestens, wenn es darum geht eine Familie zu ernähren kommen die meisten in der (vermeintlichen) Realität an. Warum ist es so schwer von etwas zu leben, das die Gesellschaft grundsätzlich will und braucht? Sind wir KünstlerInnen nicht Teil dieser Gesellschaft und tragen zu einem bunten, abwechslungsreichen Leben jedes einzelnen bei? Sind wir weniger wichtig als ÄrztInnen, LehrerInnen oder jeder andere beliebige Berufsstand? Wann wird künstlerische Arbeit als das anerkannt, was sie ist: Eine der wichtigsten, gesellschaftlichen Beiträge, die niemand entbehren kann.
Wir werden belächelt; komische Sachen gefragt. Niemand versteht, was wir da tun. Obwohl die meisten Menschen (in diesem Land) täglich mit Kunst, Kunsthandwerk, Design oder anderen Kunstformen zu tun haben, haben sie keine Vorstellung davon, wie diese Dinge zustande kommen. Scheinbar sind diese Dinge einfach so da. Niemand will dafür zahlen.
Es gibt Förderungen. Förderpreise. Stipendien. Aber all diese Dinge haben den Beigeschmack von seltenen Gaben, die keine Selbstverständlichkeit sind. Es wird hart um sie gekämpft. Natürlich wird auch auf anderen Märkten um Kundschaft gekämpft, aber wer ein Stipendium bekommt, oder wer vom Land gefördert wird entscheidet nicht der „Kunde“, sondern in diesem Fall zb. eine Jury oder ein Grüppchen Politiker, die Kunst zuletzt in der Schule hatten… Sie entscheiden darüber, was entstehen darf, nicht das Publikum oder die Käufer. Das hat Vor- und Nachteile. Natürlich bedeutet das, dass eine (oft, nicht immer!) wenig versierte Gruppe entscheidet, was Kunst sein darf; Andererseits bekommen KünstlerInnen so die Chance etwas zu entwickeln, das auf dem Markt evtl. keine Chance hätte.
Was aber bleibt, ist dieses Gefühl von Willkür und gleichzeitig von einer unverdienten Wohltätigkeit, welche jederzeit beendet sein könnte. Damit steht man unter immensem Druck zu liefern, keine Antragsfrist zu verpassen, Kontakte zu knüpfen und zu halten und sich ständig zu vergleichen, als seien die anderen KünstlerInnen schuld an der Situation (warum hat die jetzt schon wieder das Stipendium bekommen und nicht ich? Warum bekommt der mehr Gage? Vom Genderpaygap fange ich lieber gar nicht erst an…).
Außerdem schwingt das Gefühl mit, Kunstschaffende würden dadurch klein und vor allem ruhig gehalten…. Sie bekommen kleine Brotkrumen hingeworfen, gerade so viele, dass sie nicht zu viel wollen. Nicht zu laut werden und gerade so wenig, dass sie nicht die Kraft und Zeit haben zu kämpfen. Eben so zufrieden. Könnte schlimmer sein… ich komme ja über die Runden…. beiße nicht die Hand, die dich füttert! …
Aber reicht uns das?
Ich sage: Her mit dem guten Leben!
Ein Beitrag von Clara Kaiser, vom 28. November 2023
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